Wie in der Ratssitzung am 18.11.02 bekanntgegeben wurde, legt Ralf Wendland aus beruflichen Gründen sein Ratsmandat nieder. An seiner Stelle zieht Bernhard Hecker als Nachrücker in den Rat der Stadt Witten ein.

Bernhard Hecker: Meine Ziele im Rat

Politik ist kein Selbstzweck, sondern eine Veranstaltung für Menschen. Darum möchte ich dazu beitragen, daß die Einwohner Wittens sich in unserer Stadt wohlfühlen und stolz auf Witten sind, und daß Fremde gern Witten besuchen, weil sie hier als willkommene Gäste behandelt werden. Das kann der Rat insgesamt und erst recht ich als einzelnes Ratsmitglied nicht erzwingen, denn es geschieht in den Köpfen und Herzen der Menschen hier - oder aber eben nicht. Aber natürlich kann und sollte der Rat seinen Teil daran tun, die richtigen Rahmenbedingungen für dieses Gefühl zu schaffen. Meine Richtschnur dabei sind das liberale Grundsatzprogramm und das liberale Kommunalprogramm für den Ennepe-Ruhr-Kreis, die ich beide mit erarbeitet habe. Aber die optimale Lösung für ein Problem ist nicht die beste für mich theoretisch vorstellbare, sondern die Lösung, die von den Betroffenen als gut akzeptiert wird, und für die eine Mehrheit im Rat gefunden werden kann, sodaß sie auch verwirklicht wird. Ich werde mich in diesem Sinne jeweils für die beste mehrheitsfähige Alternative einsetzen, auch wenn sie aus der Sicht der Programme (leider) nur einen kleinen Fortschritt darstellt, und mich darum bemühen, daß es nicht der letzte Schritt in die richtige Richtung bleibt.

Das klingt (hoffentlich) nach gestalten und nicht nur verwalten. Von Gestalten kann aber (fast) nicht die Rede sein, solange Witten in der Zwangsjacke des Haushaltssicherungskonzepts steckt. Also muß unsere Stadt auf dem schnellsten Wege die Haushaltskonsolidierung erreichen, der möglich ist, ohne gegen das oben genannte Kernziel zu verstoßen. Damit meine ich nicht, daß kein tatsächlicher oder eingebildeter Besitzstand irgendeines Menschen in Witten verletzt werden dürfte - mit diesem Ziel könnten wir die Haushaltskonsolidierung in den Mond schreiben. Aber die in ihrer Summe unvermeidbaren Einschnitte müssen so gelegt werden, daß die Menschen in Witten sie als wirksam, vernünftig und fair verteilt akzeptieren können. Sie werden das nicht von alleine tun - hier hat der Rat durchaus die Aufgabe, einleuchtend zu begründen, wie er entscheidet.

Also sollte endlich der Streit zwischen den Ratsfraktionen aufhören und durch rückhaltlose Zusammenarbeit ersetzt werden? Keineswegs. Das ist etwas schwer zu verstehen. Es ist aber eine Tatsache, daß in einem Meinungsstreit mit harten Bandagen bessere Lösungen erarbeitet werden, als wenn man versucht, jeden Streit zu vermeiden - einfach, weil jeder gezwungen ist, seine (für ihn selbst selbstverständliche) Meinung so zu begründen, daß sie mehrheitsfähig wird; dazu muß er auch die Kritik der anderen aufnehmen, selbstkritischer und damit auch wieder kompromißfähiger werden und zuletzt bereit sein, die Mehrheitsentscheidung auch mitzutragen. Selbst wenn er sie für falsch halten sollte, ist sie doch der neue Beschlußstand und damit die Basis, auf der er bei seiner weiteren Arbeit aufsetzen muß. So verstanden, ist der engagierte Meinungsstreit die Quelle für die kreativsten Ideen und Vorschläge. Ich will ein in diesem Sinne streitbares Ratsmitglied sein und bleiben.

Aber wie kann man zur Haushaltskonsolidierung kommen? Wer pleite ist, sollte kein großes Geschrei über “unverzichtbares Tafelsilber” machen: Witten sollte verkaufen, was zu vernünftigen Bedingungen verkauft werden kann, um damit die Schulden zu senken (und damit auch die laufend zu zahlenden Schuldzinsen). Dabei denke ich an Wertpapiere, an die Stadtwerke, aber durchaus auch an das städtische Kanalnetz oder städtische Gebäude einschließlich der Schulen - es sieht ja nicht gerade so aus, als ob die Stadt mit diesem Besitz und seiner Werterhaltung gewissenhafter umgeht, als es ein fachkundiger Investor tun würde. Aber das ist eine Aktion, die nur einmal möglich ist; also müssen auch die laufenden Kosten herunter . Merklich Wirkung dabei erreicht man nur durch Reduzieren der Personalkosten. Wir sind inzwischen (absichtlich oder fahrlässig) so weit gekommen, daß praktisch kein Mitarbeiter der Stadtverwaltung mehr gekündigt werden kann. Also muß geschehen, was noch geht: kein Mitarbeiter, der geht, darf durch einen neuen Mitarbeiter von außerhalb ersetzt werden. Lücken dürfen nur noch durch Umsetzen innerhalb der Verwaltung geschlossen werden, selbst wenn das in hohem Umfang Umschulung und Einarbeitung erfordert: wer heute einen sicheren Arbeitsplatz hat, muß im Gegenzug bereit sein, selbst in seinen letzten Berufsjahren noch einmal etwas ganz Anderes zu tun. Diese schrittweise Personalreduzierung wird dazu führen, daß auf die Dauer nicht mehr alle heute von der Stadtverwaltung geleisteten Arbeiten erbracht werden können. Dann kann es nicht dem Zufall überlassen bleiben, wo der Leistungsumfang gekürzt wird: es ist die Aufgabe des Rates, zu beschließen, welche Aufgaben (mit welcher Priorität) weiterhin erbracht werden müssen und worauf wir in Witten verzichten müssen.

Kann man die Haushaltskonsolidierung nicht dem Kämmerer als zuständigem Fachmann überlassen? Natürlich spielt er eine zentrale Rolle dabei, aber als Einzelkämpfer (womöglich gegen den hinhaltenden Widerstand von Bürgermeister, Rest der Verwaltung und Rat) hat er keine Chance. Wenn diese Haushaltskonsolidierung gelingen soll, muß eine Mehrheit des Rates sie ernsthaft wollen und sie der Stadtverwaltung vom Bürgermeister abwärts als verbindliches Ziel vorschreiben. Ich werde mich dafür einsetzen, daß es dazu kommt.

Damit Rat und Verwaltung wieder etwas für die Menschen in Witten tun können.

Leserbriefe und Presseerklärungen während meiner Amtszeit im Wittener Rat finden Sie hier unter Presse(Rat).     

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